Timo Boll bewahrte in einer der bittersten Stunden seiner Tischtennis-Karriere die Contenance. Dem WM-Dritten war zwar nach dem vorzeitigen Olympia-Aus in London eigentlich zum Heulen zumute, Gefühlsregungen dieser Art in der Öffentlichkeit sind dem 31-Jährigen eher fremd. Mit einem Lächeln, etwas gequält beantwortete der hoch gehandelte und tief abgestürzte Rekord-Europameister die Fragen nach dem Warum.
"Verkrampfte Phasen habe ich öfters in einem Match, aber nicht, dass sich die Verkrampfung durch ein ganzes Spiel zieht", analysierte Boll die sensationelle 1:4-Pleite gegen den Rumänen Adrian Crisan im Achtelfinale. "Das ist eben typisch für Olympia", fügte er mit einem Hang zum Mystischen hinzu. Der "Olympia-Fluch" zieht sich wie ein roter Faden durch seine Laufbahn. Die Hilfe eines Sportpsychologen hat der Mann, der so häufig die richtige Balance zwischen Nervosität und Druck findet, bisher nicht in Anspruch genommen. Das hält Hans-Wilhelm Gäb, Ehrenpräsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) und Mentor des Weltranglisten-Siebten, auch nicht für nötig. "Timo ist mental stark. Sein nächster Sieg muss sein, mit dieser Niederlage fertig zu werden", sagte Gäb am Dienstag. "Das ist bitter, die Stimmung ist entsprechend", kommentierte Verbandspräsident Thomas Weikert die große Niedergeschlagenheit am Tag danach. Trotz einer optimalen Vorbereitung ohne große Verletzungen oder Erkrankungen verpasste der gebürtige Hesse zum vierten Mal nach 2000, 2004 und 2008 die ersehnte Einzel-Plakette. Ob er 2016 in Rio die Medaillen-Lücke schließen kann, ist fraglich. "Alles ist möglich, aber in vier Jahren bin ich 35, da werden meine Chancen immer geringer", sagte Boll.