Nach ihrem überraschenden Sprung an die Weltspitze kam Alexandra Wester aus dem Lachen gar nicht mehr heraus. "Es war extrem befreiend. Es war mein Wettkampf", sagte die erst 21 Jahre alte Weitspringerin aus Köln und strahlte in den Katakomben der Arena am Ostbahnhof über das ganze Gesicht: "Wir gehen jetzt noch mal aus, nach so einem Sprung kann man sich das mal gönnen."
Denn wenige Minuten zuvor hatte sich Wester beim Hallen-ISTAF in Berlin in bisher für sie ungeahnte Sphären katapultiert. 6,95 Meter bedeuteten nicht nur Weltjahresbestleistung, es war auch der weiteste Sprung einer Deutschen in der Halle seit 20 Jahren. Die geforderte Norm für die Hallen-WM in Portland Mitte März (5,75) ließ sie weit hinter sich und darf sich nun auch berechtigte Hoffnungen auf die Olympischen Spielen in Rio machen. Nur zwei deutsche Athletinnen sprangen in der Halle überhaupt weiter als sie: Heike Drechsler (7,37) und Helga Radtke (7,09).
"Das war einfach klasse. Sie war sehr locker, das sah sehr gut aus. Sie ist ein tolles Talent", sagte Drechsler, die den Wettkampf live mitverfolgte, dem SID: "Ich freue mich auf den Sommer, da wird sie eine Konkurrenz sein. Die sieben Meter hat sie drin, es ist ja noch früh in der Saison. Ich hoffe, sie nimmt den Schwung mit."
Schwere Verletzung mit 17
Der soll sie auch bei der Hallen-WM in Portland möglichst weit bringen. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Top-Athleten will sie in den USA an den Start gehen. "Das wäre meine erste internationale Erfahrung für Deutschland, das spielt mental eine große Rolle", sagte Wester, die bereits im Alter von 17 eine schwere Knieverletzung erlitten hatte, in deren Folge sie das Sprungbein wechseln musste.
Seit dem vergangenen Jahr trainiert die in Gambia geborene Tochter eines Deutschen und einer Ghanaerin in Köln beim ehemaligen Dreisprung-Weltmeister Charles Friedek. "Wir arbeiten super zusammen, ich habe mich sehr in meiner Technik verbessert und konnte das erstmals im Wettkampf auch anwenden", sagte sie: "Heute war aber auch er sprachlos."
Für ihre sportlichen Ambitionen tritt nun auch ihr Nebenjob als Model in den Hintergrund, bereits mehrmals war sie auf dem Laufsteg der Berliner Fashion-Week zu sehen. "Das habe ich heruntergefahren. Ab und zu nehme ich noch ein paar Jobs an, aber jetzt ist der Fokus absolut auf der Leichtathletik", sagte sie. Und die "magischen" sieben Meter? Zunächst sei es das Ziel, "die Weite draußen zu bestätigen".