Philipp Lahm lächelt entspannt. Noch lässt der 33-Jährige das Ende seiner einzigartigen Karriere nicht allzu nahe an sich herankommen. Ob er allerdings am Samstag ab ungefähr 17.15 Uhr seine Emotionen im Griff haben wird? Lahm weiß es einfach nicht. "Schau mer mal, was passiert. Das wird interessant", antwortete er auf die Frage, ob es bei ihm möglicherweise Tränen geben werde.
Überhaupt hat der Weltmeister, der immer so beherrscht wirkt, vor den letzten Stunden als Fußball-Profi etwas Bammel. "Ich freue mich sehr auf Samstag, bin aber auch sehr gespannt. Es wird ein sehr, sehr schöner, aber auch schwieriger und aufregender Abschied", sagte der Bayern-Kapitän. Nach dem Heimspiel (15.30 Uhr) gegen den SC Freiburg wird er die große Bühne verlassen, die er bei seiner Einwechslung für Markus Feulner im Champions-League-Spiel gegen den RC Lens (3:3) am 13. November 2002 betreten hatte.
Lahm will seinen Abgang nach 21 Titeln und dann 652 Pflichtspielen für die Bayern und den VfB Stuttgart "möglichst genießen". Jene Momente, wenn er in der Allianz Arena zum achten Mal die Meisterschale in die Höhe stemmen, von den Kollegen zum letzten Mal mit Bier übergossen oder von den Fans auf dem Rathausbalkon gefeiert wird. Eine Abschiedsrede hat er nicht vorbereitet: "Ich nehme mir nichts vor. Das wird eher spontan."
Genauso weiß Lahm nach seiner Absage für das Amt des Sportdirektors beim FC Bayern noch nicht so recht, was die Zukunft bringt. "Erst einmal Urlaub", aber dann? "Es ist alles möglich", sagte Lahm.
Verstärkt will er sich um seine Stiftung kümmern und um die Unternehmen, an denen er schon beteiligt ist, - und natürlich um seine Familie. Lahm wird bald zum zweiten Mal Vater. Nach Sohn Julian erwartet seine Frau Daniela nun ein Mädel.
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Er freue sich einfach "auf das, was künftig kommt". Etwa auf "ein gemeinsames Frühstück am Wochenende" oder darauf, "nicht mehr nach dem Spielplan zu leben". Große Wehmut ist bei diesen Worten nicht zu spüren.
Auf seine Zeit als Fußballer, die 1995 bei der kleinen FT Gern in München begann, hat er bislang auch "noch nicht wirklich" zurückgeblickt: "Dafür ist danach genügend Zeit. Es heißt jetzt, die letzten Tage einfach zu genießen."
Dafür haben viele seiner Weggefährten schon zurückgeblickt. Und es sind wahre Elogen auf den kleinen Lahm, der im deutschen Fußball längst ein ganz Großer ist. Er ist eine Legende wie "Kaiser" Franz Beckenbauer, 54er-Held Fritz Walter und Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, die allesamt wie Lahm die deutsche Nationalmannschaft als Kapitän zum WM-Triumph geführt haben.
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Ihm würde "nichts einfallen", so Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, was Lahm "nicht richtig gemacht hätte - auf dem Platz, neben dem Platz". Er gehöre "zu den besten Fußballern überhaupt", sagt Bundestrainer Joachim Löw über den Defensivspieler, der sowohl als Außenverteidiger wie auch im Mittelfeld weltklasse war.
Pep Guardiola stellte ihn einst gar über Lionel Messi. Lahm sei der "intelligenteste Fußballer, den ich je in meiner Karriere trainiert habe. Er ist eine absolute Legende." Ein "herausragender Repräsentant für Deutschland" (DFB-Präsident Reinhard Grindel, "einer der außergewöhnlichsten Spieler des deutschen Fußballs", wie Jupp Heynckes seinen Kapitän würdigt, mit dem er 2013 das Triple gewonnen hatte. Ein, so sein Förderer Hermann Gerland, "perfekter Spieler" eben.
Einer, der aber auch außerhalb des Platzes perfekt funktionierte. Wegen seiner Größe und seiner diplomatischen Art wurde Lahm zwar oft unterschätzt, er agierte mitunter jedoch knallhart, wenn er Missstände erkannte oder eigene Interessen verfolgte. Frag nach bei Michael Ballack.
Vergangenheit. Für Lahm zählt nur noch das Hier und Jetzt - und ab Montag ein ganz normaler Alltag. Er werde wohl "um sieben Uhr von Julian geweckt werden. Dann fahre ich ihn in den Kindergarten." Und außerdem habe seine Mutter Daniela Geburtstag, "da steht dann die nächste Feier an".