52 Tage vor dem Referendum haben die Hamburger Olympia-Planer die Kosten offengelegt. Die Zahlen könnten angesichts der momentanen Flüchtlingskrise zum Stolperstein werden.
7,4 Milliarden Euro für den Steuerzahler, aber billiger als London 2012 und keine neuen Schulden: Hamburgs Olympia-Planer haben am Donnerstag ihre Kostenschätzung für die Austragung der Olympischen Spiele 2024 vorgelegt.
Gerade vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise könnten die Zahlen für die Olympia-Macher beim Referendum am 29. November zum Stolperstein werden.$VIDEO
Bürgermeister Scholz gibt sich zuversichtlich
Doch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz gab sich alle Mühe, den gewaltigen Betrag hübsch zu verpacken. Er bezeichnete den mit Spannung erwarteten Finanzplan als "beste Berechnung ever" und gab sich überzeugt, die Summe "eher zu unterschreiten als zu übertreffen".
Insgesamt sollen die Ausgaben für das Mammut-Projekt bei 11,217 Milliarden Euro liegen. Dem gegenüber sind Erlöse in Höhe von 3,814 Milliarden Euro einkalkuliert - davon 3,364 garantierte Milliarden vom IOC. Demnach würden für die öffentliche Hand Kosten von 7,403 Milliarden Euro übrig bleiben.
"Dieses ist die am besten durchgerechnete Bewerbung für Olympischen Spiele, nicht nur in Deutschland, sondern ever", sagte der SPD-Politiker Scholz und sprach "von einer großen Leistung". Bei der Erstellung des Finanzreports seien fast 700 Einzelteile des Gesamtprojekts inklusive Inflations- und Risikozuschlag durchgerechnet worden.
So seien einige Posten mit doppeltem Preis eingeplant worden. Eine Kostenexplosion wie bei der Elbphilharmonie, dem Hamburger Fanal für verfehlte Finanzpolitik, wollen Scholz und Co. tunlichst vermeiden.
Bund übernimmt 6,2 Milliarden
Von den Gesamtkosten soll der Bund 6,2 Milliarden Euro schultern. Die Stadt Hamburg würde die übrigen 1,2 Milliarden Euro beisteuern. "Die Finanzkraft der Stadt Hamburg wird nicht überfordert", betonte Scholz.
Er ließ mit Blick auf den Löwenanteil des Bundes eine deutliche Ansage in Richtung Berlin folgen: "Wir müssen uns bis Februar nächsten Jahres geeinigt haben. Bis dahin brauchen wir die Garantien von der Bundesrepublik Deutschland." Hamburg, das stellte Scholz klar, werde jedenfalls nicht mehr als die 1,2 Milliarden Euro übernehmen.
Zum Vergleich: Die britische Regierung hatte für Olympia in London rund neun Milliarden Euro ausgegeben, die Hauptstadt hatte sich mit 940 Millionen Euro beteiligt. Die Kampagne von London gilt als großes Vorbild der Hamburger Bewerbung.
Die offiziellen Unterlagen und Garantieerklärungen müssen Hamburg und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bis zum 8. Januar 2016 beim IOC einreichen. Zuvor gilt es, bei der Bürgerbefragung am 29. November die letzte Hürde zu überspringen.
Flüchtlingskrise ein Faktor
Kritische Stimmen an der Hamburger Bewerbung waren zuletzt jedoch vor allem mit Blick auf die momentane Flüchtlingskrise aufgekommen. "Vor dem Hintergrund dieser Problematik ist solch eine Bewerbung für die Olympischen Spiele moralisch und finanziell nicht zu verantworten", sagte Dirk Seifert, Umweltaktivist und Internetblogger von der Hamburger NOlympia-Bewegung, dem SID am Donnerstag: "Die Flüchtlingsproblematik wird dem Hamburger und dem Bundeshaushalt noch einiges abverlangen."
Scholz sieht darin allerdings keine Gefahr für den Erfolg des Referendums Ende November. "Die beiden Themen sind keine Gegensätze, sondern sie zielen in die gleiche Richtung, nämlich sich anzustrengen für eine bessere Welt", sagte der 57-Jährige.
Er bezeichnete Deutschland als "Hoffnungsort". Ohne "massive Wachstumsprozesse und ohne dramatische Steigerungen des Sozialprodukts" werde es Olympische Spiele ohnehin nicht geben.
Olympiagegner hatten zuletzt zudem den frühen Zeitpunkt der Berechnung der Olympia-Kosten angemahnt. Auch der Rechnungshof der Stadt warnte vor den finanziellen Risiken einer Bewerbung. Die Kosten für die Errichtung der Spielstätten und der Infrastruktur könnten so früh noch nicht realistisch abgeschätzt werden, so dass auch das Referendum zu früh terminiert sei.
Wahl im NovemberEnde November muss in der Hansestadt eine einfache Mehrheit für die Austragung der Spiele her, zudem müssen 20 Prozent aller Wahlberechtigten mit Ja stimmen - in Hamburg sind das etwa 260.000 von 1,3 Millionen Wahlberechtigten.
Werden die Zahlen nicht erreicht, muss der DOSB die bereits eingereichte Bewerbung zurückziehen. Zuletzt war die Kampagne Münchens für die Winterspiele 2022 am Referendum gescheitert.
Neben Hamburg kandidieren Los Angeles, Paris, Rom und Budapest für die Ausrichtung des größten Multisport-Ereignisses der Welt. Die Entscheidung fällt im September 2017 in Perus Hauptstadt Lima.